Gemeindearchiv
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Sanierung der Harder Bucht

Ein Rückblick

Am 5. Mai 1900, in der Nacht vor der offiziellen Eröffnung des Fußacher Durchstichs,
zerstörte der Rhein seine letzte Barriere und floss in das 2,5 Meter tiefer gelegene
neue Bachbett. Er brachte damit erstmalig Geschiebe in die Harder Bucht und die
Verlandung begann.

Über den möglichen Zeitrahmen dieses Prozesses herrschte unter den Experten Uneinigkeit. Während die österreichischen Sachverständigen Wex, Ritter von Kink und später auch Rheinbauleiter Philipp Krapf die Fülldauer der Harder Bucht mit 50 bis 80 Jahren berechnet hatten, was am Ende auch zutreffen sollte, glaubten Schweizer Ingenieure, allen voran Hartman, dass die Bucht erst in 600 bis 800 Jahren verlanden würde. Jost Wey, der Nachfolger Hartmanns und spätere schweizerische Rheinbauleiter, ging sogar von einer Verlandungsdauer von 4.813 Jahren aus.

Bereits nach einigen Jahren bemerkten die Harder Schiffsleute bei niederem Wasserstand beträchtliche Auflandungen unter Wasser. Um den Umfang der Ablagerungen vor der neuen Rheinmündung festzustellen, hatte die Internationale Rheinregulierungs-Kommission im Jahre 1911 erstmals eine Seegrundaufnahme durchführen lassen, die im 10-Jahres-Rhythmus wiederholt wurde.

Sandinsel: Treffpunkt für Badebegesiterte
Im Sommer 1923 war erstmals bei hohem Wasserstand die vom Rhein gebildete Sandinsel über Wasser sichtbar. Die Sandinsel welche von Jahr zu Jahr größer wurde, bildete bald eine willkommene Badegelegenheit für die Harderinnen und Harder. In den 1930er Jahren war diese je nach Wasserstand etwa 10 bis 15 Hektar groß. Durch den Diepoldsauer Durchstich beschleunigte sich der Geschiebetransport des Stromes wiederum. In den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts waren starke Fortschritte der Verlandung sichtbar. Das Auflandungsdelta begann sich immer mehr auch gegen die Fußacher Seite auszubreiten. Sowohl Fußach als auch Hard brachten immer wieder Beschwerden vor. Als Sachverständiger fungierte meist der ehemalige Rheinbauleiter Krapf. Er empfahl zur Reduktion der Verlandung eine Verlängerung der Rheindämme um 500 Meter. Als sich einige Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg die Sandbänke in der Harder Bucht mit Schilf- und Binsenwuchs überzogen, wurde das erschreckende Ausmaß der Verlandung deutlich. Die Gemeinde Hard sah sich deshalb veranlasst, Sanierungsmaßnahmen vorzunehmen. Nach mehrmaligen Urgenzen bei Bund und Land legten diese ein Sanierungskonzept vor, welches aber von der Gemeinde Hard abgelehnt wurde.

Sanierungskonzept von Dipl-Ing Jussel
Die Gemeinde ließ daraufhin von Dipl.-Ing. Jussel auf eigene Kosten eine Lösung erarbeiten, die u. a. die Verlegung der Dornbirner Ache vorsah, welche zu dieser Zeit noch vor der Kirche, entlang des derzeitigen Strandbads, in den Bodensee floss. Zudem sollten beim derzeitigen Fischersteg zur Ponderosa die Dämme geradeaus in den Bodensee verlängert werden, sowie ein Binnenbecken und ein vorgelagertes Becken (Fischteich) ausgebaggert werden. Die Lauterach und die Harder Gräben sollten in den Fischteich eingeleitet werden. Als Schutz vor weiteren Auflandungen durch Geschiebematerial sollte ein ca. 700 m langer Damm (Grüner Damm) als Abschluss erstellt werden.

Spatenstich 1958
Das von Jussel erarbeitete und von der Gemeinde eingereichte Projekt wurde vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft finanziell und wasserbautechnisch geprüft. Die Behörde erteilte 1958 die wasserrechtliche Genehmigung. Im gleichen Jahr erfolgte der Spatenstich für die Sanierungsarbeiten. Zu Beginn wurde an der Vorstreckung der Dornbirner Ache gearbeitet. Mittels Kies auf Faschinen (Weidenbündel) wurden beidseitig Dämme geschüttet. Die flussseitigen Böschungen wurden mit Bruch- und Steinmaterial gegen Erosion geschützt. Im Jahre 1962 starteten die Arbeiten für den Aushub und die Aufschüttung (Spülung). Vorerst wurden Stützdämme rund um das Binnenbecken geschüttet. Als Unterlage für die Dämme wurden auf dem weichen Untergrund wiederum Faschinen Mann an Mann verlegt. Darauf wurde Kies geschüttet, um damit die Dämme herzustellen.

270.000 m3 Kies für die Dammerrichtung
Nach der Fertigstellung dieser Dämme wurden die Aushubarbeiten für das Binnenbecken und anschließend für den Fischteich begonnen. Das Aushubmaterial wurde hinter den Dämmen aufgespült. Das Kiesmaterial wurde im Mündungsbereich der Bregenzer Ache gewonnen. Für die Herstellung der 6,2 km langen Dämme waren rund 270.000 m³ Kies erforderlich. Die Ausbaggerung beider Becken (Binnenbecken und Fischteich) erfolgte mit einem Baggerschiff, auf dem sich u. a. eine kleine Küche und ein Schlafraum befanden. Gearbeitet wurde dort im Zweischichtbetrieb durchgehend 24 Stunden täglich, und sieben Tage in der Woche. Das Gerinne der Lauterach wurde neu ausgebaggert und in den Fischteich eingeleitet. Um das ausgebaggerte Binnenbecken vor neuerlicher Verschlammung zu schützen, wurde ein Abschlussdamm (Grüner Damm) gegen den See hin errichtet. Die aufgespülten Flächen mussten zum größten Teil infolge ihrer starken Verdichtung entwässert werden. Zuerst wurde die Oberfläche ausplaniert und dann eine systematische Entwässerungsanlage hergestellt. Die für die Begrünung notwendigen agrartechnischen Maßnahmen – Bodenbearbeitung, Düngung und Einsaat – mussten nach den örtlichen Bodenverhältnissen erfolgen. Das aufgespülte Material war nicht nährstoffhaltig, sondern beinahe steril. So wuchsen nach dem Abtrocknen des Materials Algen, Moose und andere niedrige Pflanzen. Durch Anflug von Weiden- und Schilfsamen bildete sich ein Dschungel aus Weidensträuchern bis 3 Meter Höhe und Binsen. Dieser Bewuchs musste vor der Begrünung entfernt werden.

Eröffnung 1969
1969 wurde die sanierte Bucht feierlich eröffnet. Die Baukosten für das Projekt wurden zwischen Bund, Land und Gemeinde nach folgendem Schlüssel aufgeteilt: 70% Bund, 15% Land und 15% Gemeinde. Durch die Sanierungsmaßnahmen konnten 54 Hektar Neuland gewonnen werden, die größtenteils von der Gemeinde Hard vom Regulierungsunternehmen gekauft wurde. Es war von vornherein klar, dass auf den gewonnenen Auflandungsflächen verschiedene Nutzungen möglich werden. So wurden ein Strandbad, ein Segel- und ein Gondelhafen, ein Minigolfplatz, ein Fußballplatz und Parkplätze angelegt. Auch das Gelände der Firma Alpla war ein Teil der Auflandungsfläche. Nach dem Hochwasser 1999 wurde aus Gründen des Hochwasserschutzes im Bereich vor der Kirche und entlang des Segelhafens das Gelände erhöht und umgestaltet und eine Sporthalle errichtet. Es sind jedoch noch viele Nutzungsmöglichkeiten auf dem 0,5 km2 großen Auflandungsgebiet möglich.