Aus unserer Geschichte lernen

Ernst Köhlmeier, ehemaliger Lehrer und Schulleiter, arbeitet seit Jahrzehnten im Archiv der Marktgemeinde. Er kennt die Wirtschaftsgeschichte des Ortes wie kein Zweiter. Ein Gespräch über die Harder Vergangenheit und gewisse Parallelen zur Gegenwart.

Vor welchen Herausforderungen steht die Harder Wirtschaft?
Was heute mit dem online-Handel passiert, hat es in vergleichbarer Weise früher schon einmal gegeben. In den 60er- und 70er-Jahren des vorigen Jahrhunderts haben große österreichische und deutsche Versandkaufhäuser, zum Beispiel „Quelle“, ihre ersten Kataloge verschickt. Das waren dicke Wälzer, die quasi alles anboten, was man sich vorstellen konnte, zu niedrigeren Preisen als bei uns, versteht sich. Das hat dem heimischen Handel natürlich zu schaffen gemacht. Aber viele Geschäfte haben sich trotzdem behauptet und ich hoffe, das gelingt ihnen auch heute.

Wann hat der Handel in Hard begonnen?
Im 19. Jahrhundert gab es Bäcker- und Metzgerläden bei uns, auch einen Konsumverein und eine Sennerei. Im späten 19. Jahrhundert kamen viele Arbeiter aus dem Trentino, die in den Textilfabriken beschäftigt waren. Manche von ihnen machten sich aber selbständig und eröffneten kleine Läden, zum Beispiel die Familien Segato und Zanetti. Dann entstanden die sogenannten Gemischtwarenhandlungen, deren Angebot schon breiter war. Viele dieser Geschäfte haben sich bis weit nach dem Zweiten Weltkrieg gehalten. Je größer aber die Mobilität wurde, umso mehr sind die Leute zum Einkaufen in die Städte gefahren, zuerst nach Bregenz, später nach Dornbirn. Als Symbol der Harder Geschichte gilt die Mittelweiherburg.

Was hat es mit dem Gebäude auf sich?
Zum einen erzählt die Burg eine europäische Geschichte und zum anderen ist sie eng mit der Vorarlberger Textilindustrie verknüpft. Erbaut wurde sie im 17. Jahrhundert von Hans Christoph Schnabel, einem Bregenzer, dessen Vater in den Türkenkriegen zu einem Adelstitel gelangt war. Ende des 18. Jahrhunderts erstand Samuel Vogel das Gebäude, er war aus Straßburg vor Napoleon geflohen und wandelte die Mittelweiherburg in eine Stoffdruckerei um. Dieser Textilbetrieb wurde später von der Firma Jenny & Schindler übernommen. Im späten 19. Jahrhundert wurde die Fabrik geschlossen, da ihre Abwässer den Dorfbach stark verschmutzten. Der erste große ökologische Streit der Vorarlberger Industriegeschichte hat also bei uns stattgefunden, er wurde zugunsten der Natur entschieden. In der Mittelweiherburg befindet sich heute das Textildruckmuseum der Gemeinde Hard.

Danke für das Gespräch.